Komplexe Konfliktdynamiken in Familienunternehmen

Im jüngsten Präsenzblock unserer Mediationsausbildung, im wunderbaren Ambiente des Schlosses Röthelstein hoch über Admont, standen die komplexen Verflechtungen und Dynamiken innerhalb von Familienunternehmen im Mittelpunkt. Mithilfe des etablierten 3-Kreis-Modells von Tagiuri und Davis gelang es den Teilnehmenden, die ineinandergreifenden Bereiche von Familie, Unternehmen und Eigentum nicht nur theoretisch zu erörtern, sondern auch - in Form einer Skulpturarbeit physisch zu "erspüren".



Skulpturarbeit am 3-Kreis-Modell

Durch den intensiven Praxisbezug konnten die Teilnehmer/innen den Fall einer Unternehmensnachfolge mit all seinen Spannungsfeldern nicht nur nachvollziehen, sondern auch aktiv als Mediator/innen gestalten. Während der Dialogphase kamen Techniken wie das "Dialogisieren" und "Doppeln" zum Einsatz, die die Teilnehmenden in Rollenspielen dabei unterstützten, die tieferen Bedürfnisse und Interessen der Medianden zu artikulieren. Diese Methoden ermöglichten es, die oft verborgenen Konfliktlinien aufzudecken und zu klären. Eben jene essenziellen Ansätze zu erkennen und transparent werden zu lassen, um zu einer gemeinsamen Lösung gelangen zu können.



Phase der Selbstklärung

Die Ausbildungsgruppe zeigte eine bemerkenswerte Bereitschaft, sich auf die zunehmend komplexeren Konfliktlagen einzulassen, und machte sichtbare Fortschritte im Umgang mit diesen anspruchsvollen Mediationssituationen. In den abschließenden Reflexionen wurde der Wert der praktischen Erfahrungen hervorgehoben und eine spürbare Begeisterung für die nächste Phase des Lehrgangs ausgedrückt, in der die erlernten Techniken in realisierbare Lösungen überführt werden sollen.



Dialogisieren

Die Reflexionen unserer Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Ende des Präsenzblocks offenbaren signifikante Lernerfolge und vertiefte Einsichten:

Selbstklärungsprozess: Die Teilnehmer/innen haben die transformative Kraft der Selbstklärung erlebt. Sie betonten, wie dieser Prozess nicht nur aufdeckt, was offensichtlich ist, sondern bereits im Ansatz auch verborgene Bedürfnisse und Emotionen hervorbringt. Solche tiefgehenden Erkenntnisse fördern ein umfassendes Verständnis für die eigenen Reaktionen und die der anderen Parteien.

Differenzierung von Themen und Bedürfnissen: Eine klare Abgrenzung und das Verständnis für den fundamentalen Unterschied zwischen (prozessleitenden) Themen und (lösungsfördernden) Bedürfnissen wurden als essenziell erkannt. Die Fähigkeit, diese während der Mediation zu unterscheiden und adäquat einzuordnen, wurde als kritische Kompetenz für den Mediationsprozess herausgestellt.

Transformation von Bedürfnissen in Interessen: Während des Präsenzblocks erfuhren die Teilnehmenden, wie sie Bedürfnisse durch aktives Zuhören, empathische Kommunikation und gezielte Fragestellungen aufdecken können. Sie lernten Techniken, um Bedürfnisse in positive, zukunftsorientierte Interessen zu verwandeln, die als Grundlage für das Erarbeiten von Lösungen dienen. Dieser transformative Prozess fördert die Bereitschaft der Parteien, von festgefahrenen Positionen abzurücken und zu einer gemeinsamen Verhandlungsbasis zu finden, die die Erfüllung ihrer grundlegenden Bedürfnisse widerspiegelt.

Die Ausbildungsteilnehmerinnen und -teilnehmer erlebten, wie durch die Transformation von Bedürfnissen in Interessen ein tieferes Verständnis für die Standpunkte anderer geschaffen wird. Dies ebnet den Weg zum Erkennen vorhandener 'Gemeinsamkeiten' und für kreative und nachhaltige Lösungen, die über Kompromisse hinausgehen und echten Mehrwert für alle Beteiligten schaffen.

Analoge Skizzen als Reflexionswerkzeug: Die Verwendung von analogen Skizzen diente den Teilnehmenden als effektive Methode zur Visualisierung und Reflexion während der Selbstklärung. Diese bildhaften Darstellungen fungieren als Leitfäden, die Mediand/innen dabei unterstützen, ihre Gedanken zu strukturieren und ihre inneren Prozesse zu externalisieren.

Als eine Art 'Spickzettel' geben diese Skizzen Struktur und ermöglichen den Mediand/innen, ihre eigenen Standpunkte und Einsichten während der Selbstklärung zu festigen. Sie fördern ein tieferes Selbstverständnis, indem sie den Fokus auf die eigenen Bedürfnisse und Erwartungen lenken, ohne dabei durch die Perspektiven oder Reaktionen der anderen Konfliktpartei beeinflusst zu werden. Dadurch wird eine authentische Selbstreflexion ermöglicht. Diese stellt eben eine zentrale Voraussetzung für den konstruktiven Dialog und die finale Konfliktbewältigung dar.

Leitfäden in der Mediation: Die Bedeutung von strukturgebenden Leitfäden wurde besonders hervorgehoben. Diese dienen als Orientierungshilfe für die Mediand/innen, insbesondere in der Phase der Selbstklärung, und unterstützen den Prozessfortschritt.

Dialogisieren: Die Technik des Dialogisierens wurde als Schlüsselwerkzeug erkannt, um tiefgehende Bedürfnisse zu erforschen. Durch diese Technik konnten die Teilnehmenden authentische Gespräche führen, die zur wahren Essenz eines Konflikts vordringen.

Technik des Doppelns: Die Anwendung des Doppelns wurde als besonders wertvoll in Momenten hoher Emotionalität oder bei scheinbarem Stillstand empfunden. Diese Technik ermöglichte es den Teilnehmenden, neue Wege zu finden, um festgefahrene Situationen aufzubrechen und den Prozess wieder konstruktiv in Gang zu setzen.

Zusammenfassend zeigt sich, dass die praxisnahe Auseinandersetzung mit den vielschichtigen Aspekten der Mediation unseren Teilnehmern/innen tiefgreifende Fertigkeiten vermittelt, um Konflikte nicht nur zu verstehen, sondern sie auch umsichtig und zielgerichtet zu begleiten. Die positiven Rückmeldungen und die Vorfreude auf die nächste Lerneinheit bekräftigen die Effektivität unseres Lehransatzes.

Unser nächster Lehrgang für Mediation und Konfliktbegleitung, vom Bundesministerium für Justiz anerkannt, beginnt im November 2024:

http://www.cme-institut.eu/lehrgang