Meisterschaft in der Mediation

In der Mediation, ähnlich wie in der Musik, kann das (technische) Können des Mediators bewundernswert sein, kann aber ohne weiterführende Impulse in seiner Wirkung verpuffen. Wie etwa die Geigenvirtuosin Patricia Kopatchinskaja hervorhebt, erfordert wahre Meisterschaft manchmal auch 'das Provozieren der Zuhörer, um sie wirklich zu erreichen und zu berühren'.

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Im Mediationsprozess geht es nicht nur darum, dass der Mediator sein Handwerk versteht, sondern auch darum, dass er die Konfliktparteien dazu herausfordert, über ihre eigenen Positionen, Bedürfnisse und Emotionen nachzudenken.

Der Mediator muss also gelegentlich provokative oder unerwartete Interventionen einsetzen, um die Parteien aus ihrer Routine und ihren festgefahrenen Denkmustern herauszulocken. Dies kann ein kritischer Moment sein, der die Medianden dazu anregt, wirklich zuzuhören und tiefgründiger zu reflektieren. Es geht darum, ihnen zu helfen, ihre eigene Urteilsfähigkeit wiederzuerlangen und zu klären, was sie eigentlich wollen und brauchen.

Manchmal erfordert es, die Konfliktparteien aus ihrer Komfortzone zu bringen, damit sie beginnen, sich nicht nur auf externe Lösungen - etwa die des Mediators - zu verlassen, sondern aktiv an der Gestaltung dieser Lösungen mitzuwirken. Der Mediator dient als Katalysator für diesen Prozess, indem er ein Umfeld schafft, in dem die Parteien dazu ermutigt werden, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und zu tragen. Nur so kann der Mediationsprozess wirklich nachhaltig und effektiv sein.

In der Mediation, wie auch in anderen handwerklichen oder künstlerischen Bereichen, wird oft der Balanceakt zwischen der Beherrschung der Technik und Meisterschaft einerseits und der Bedeutung von Haltung und Intuition andererseits diskutiert.

Technik und Meisterschaft in Bezug auf Mediationsverfahren beziehen sich auf die konkreten Fähigkeiten, Methoden und Prozesswissen, die ein Mediator erlernt und beherrscht. Dazu gehören beispielsweise das Wissen um Verhandlungstechniken, das Verständnis rechtlicher Rahmenbedingungen, die Anwendung von Kommunikationstechniken und das diffizile Steuern des Mediationsprozesses. Diese Elemente sind unverzichtbar, um eine Mediation strukturiert und zielgerichtet zu leiten und den Parteien professionelle Unterstützung zu bieten.

Haltung und Intuition hingegen repräsentieren die weicheren Faktoren der Mediation. Sie umfassen die persönlichen Qualitäten des Mediators, wie Empathie, Offenheit, Geduld und die Fähigkeit, auch das Unausgesprochene zu erfassen. Intuition spielt dabei eine wichtige Rolle, da sie es dem Mediator ermöglicht, auf die Dynamiken und Emotionen hinter den Worten zu reagieren und oft auch Lösungswege zu erkennen, die nicht sofort offensichtlich sind.

Der Balanceakt zwischen diesen beiden Aspekten ist entscheidend:

  • Eine zu starke Betonung der Technik kann dazu führen, dass der Prozess mechanisch und unpersönlich wirkt und die tieferen emotionalen oder zwischenmenschlichen Aspekte eines Konflikts übersieht.
  • Wird hingegen zu stark auf Haltung und Intuition vertraut, kann dies zu einer Vernachlässigung der Struktur und Rationalität des Prozesses führen, wodurch die Mediation ziellos oder unprofessionell erscheinen mag.

Eine effektive Mediation erfordert daher sowohl ein solides Fundament an Techniken als auch eine authentische, intuitive Haltung. Der Mediator muss in der Lage sein, Techniken und Methoden situativ flexibel und kreativ einzusetzen, gleichzeitig aber auch auf seine Intuition und seine menschlichen Fähigkeiten vertrauen, um den Medianden gerecht zu werden und den Mediationsprozess zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen.